Nachhaltigkeit in Fertigung und Produktion

Buzzword oder Leitprinzip der Zukunft?

Deutsche Ingenieurskunst gilt nach wie vor als Siegel für qualitativ hochwertige Produkte - ob im Anlagen-, Automobil- oder Schiffbau. Doch auch das Interesse an Klima- und Ressourcenschutz durch Kunden verstärkt sich. Nachhaltige Produkte und Fertigungsmethoden geraten in den Fokus. Der Einsatz moderner digitaler Technologien schafft einen Ansatz, wie auch in Zukunft ein Beitrag zur Nachhaltigkeit geleistet werden kann.

Der Begriff Nachhaltigkeit hat in den vergangenen Jahren einen enormen Aufstieg erfahren. Nahezu jedes Produkt schreibt sich auf die Fahne, umweltschonend zu sein oder entsprechend hergestellt zu werden. Vor allem der Schutz natürlicher Ressourcen hat zu einem Umdenken in der Wirtschaft geführt. Eine Studie des Marktforschungsinstituts Rothmund Insights aus dem Februar 2021 ergab, dass die Mehrheit der Verbraucher (89 Prozent) sich wünscht, dass Unternehmen in Zukunft nachhaltiger und umweltgerechter wirtschaften. Unternehmen sind daher jetzt gefragt, diesen Kundenbedürfnissen gerecht zu werden.

Digitale Datenspur statt ökologischer Fußabdruck

Der Schlüssel, um Fertigungsprozesse nachhaltiger zu gestalten, liegt in der ganzheitlichen Digitalisierung von Unternehmensprozessen. Verknüpfte Datenmodelle – statt Datensilos – bilden den Herstellungsprozess von der ersten Ideenskizze bis zum fertigen Produkt, sowie die gesamte Produktnutzungsphase inklusive Recycling, digital ab. So eröffnen sie die Möglichkeit, stets flexibel auf veränderte Anforderungen zu reagieren und damit auch Umweltaspekte frühzeitig einzubeziehen. In der Praxis können Unternehmen der fertigenden Industrie dabei auf eine Vielzahl an technischen Lösungen und Verfahren zurückgreifen:

Simulation und virtuelle Zwillinge

Durch den Einsatz eines digitalen Zwillings, wie dem 3D Experience Twin von Dassault Systèmes, kann die Art und Weise, wie Produkte entwickelt und gefertigt werden, von Grund auf neu gedacht werden. Der digitale Zwilling ist ein virtuelles Abbild eines realen Objekts und wird kontinuierlich mit Daten aus der realen Welt gespeist. Bereits in der frühen Entwicklungsphase können bestimmte Parameter berücksichtigt und je nach Bedarf angepasst werden. Bevor ein reales Produkt existiert, kann im virtuellen Raum mittels entsprechender Software simuliert und getestet werden. Beispielsweise können Unternehmen damit bereits am Computer nachvollziehen, wie beständig das verwendete Material ist, welche Wirkung Hitze, Staub oder Feuchtigkeit auf die Funktionalität eines Produkts haben oder schlichtweg ob das Design den Ansprüchen ihrer Kunden entspricht. Tests mit physischen Prototypen, die in jedem einzelnen Entwicklungsschritt nötig wären, werden reduziert. Das spart nicht nur Zeit und Kosten, sondern schont auch natürliche Ressourcen und vermeidet – oft schwer recyclebaren – Abfall. Zudem können mit einer entsprechenden Simulationssoftware, wie Solidworks Simulation Suite, Nachhaltigkeitsziele von Beginn an berücksichtigt werden.

Virtuelle Lieferketten

Güter, die per Schiff oder LKW von der Fertigungsstätte zum Endkunden transportiert werden müssen, sind einer der größten Verursacher von CO2. Unternehmen, die ihre Lieferkette virtuell abbilden, können diese hinsichtlich verschiedener Parameter optimieren. Eine kürzere Lieferkette spart nicht nur Zeit, sondern wirkt sich auch positiv auf den Emissionswert aus. Ebenso kann berücksichtigt werden, ob für den Transport auch umweltfreundlichere Transportmittel zum Einsatz kommen oder ob die Rohmaterialien von externen Zulieferern bereits bestimmten Nachhaltigkeitsstandards entsprechen. Wenn all diese Daten auf einer digitalen Plattform zusammenfließen, kann bereits im virtuellen Raum geprüft werden, inwieweit sich ökologische Unternehmensziele damit erreichen lassen.

Additive Fertigung

Die additive Fertigung, der 3D-Druck im Industriebereich, gilt als Zukunftstechnologie. Die Erstellung von Bauteilen kann besonders ressourcenschonend damit durchgeführt werden und leistet somit einen weiteren Beitrag zur nachhaltigen Produktion. Bei herkömmlichen Produktionsverfahren, etwa in der Metallzerspanung oder Holzverarbeitung, entsteht eine beachtliche Menge an Ausschuss. Beim 3D-Druck-Verfahren wird hingegen nur das Material verwendet, das auch tatsächlich für das Produkt benötigt wird. Dadurch reduziert sich der Rohstoffbedarf. Zudem sind keine Formen notwendig, da in der additiven Fertigung die digitalen 3D-Konstruktionsdaten direkt im Druckverfahren umgesetzt werden.

Grüne Produkte durch kollaborativen Ansatz

Gute Ideen entstehen meist im Austausch mit anderen. Um den eigenen ökologischen Fußabdruck zu minimieren und Produkte für eine grüne Zukunft zu erfinden, müssen Unternehmen neue Wege gehen und Innovationen fördern. Prozesse und Verfahren, die sich über Jahre eingespielt und bewährt haben, müssen teilweise aufgebrochen und von Grund auf neu gedacht werden. Das erfordert nicht nur visionäre Vordenker, sondern ein funktionierendes Team, das Ideen gemeinsam erarbeitet, vorhandenes Wissen bündelt und so disruptive Ansätze schafft.

Cloud-Plattformen, wie die 3D-Experience-Plattform von Dassault Systèmes, sind hierfür das richtige Tool. Sie ermöglichen Mitarbeitern aus verschiedenen Abteilungen und über verschiedene (globale) Standorte hinweg, von Beginn an, an einem Produkt mitzuarbeiten und Ideen einfließen zu lassen. Welche Nachteile sieht ein Logistiker im ersten Designentwurf? Werden hier möglicherweise später große Mengen an Verpackung benötigt? Wo sieht das Konstruktionsteam Nachbesserungsbedarf mit Blick auf die erste Ideenskizze? Könnten umweltfreundlichere Materialien verwendet werden, wenn kleine Anpassungen im Design vorgenommen werden? All diese Fragen lassen sich nur in einem ganzheitlichen Datenmodell berücksichtigen.

Kreislaufwirtschaft: Reparieren statt entsorgen

Was früher bereits selbstverständlich war, wird heute wieder zum Trend: Up- und Recycling. Statt defekte Produkte zu entsorgen, werden sie repariert oder umfunktioniert. Im Rahmen der Kreislaufwirtschaft wird dieses Prinzip der Wiederverwendung und Abfallvermeidung auch auf die Industrie angewendet und gilt als Schlüsselelement zu einer nachhaltigen sauberen Produktion. Ein Beispiel ist die additive Ersatzteilfertigung: Durch die Möglichkeit, Ersatzteile kosteneffizient und schnell in kleiner Stückzahl herzustellen, lohnt es sich für Unternehmen, vorhandene Produkte und Maschinen mit dem 3D-Drucker wieder fit zu machen, statt sie neu zu kaufen. Auch defekte Stellen an bestehenden Produkten lassen sich durch das Hinzufügen von einzelnen Schichten im 3D-Drucker wieder einsatzbereit machen. Ein anderes Beispiel ist die Nutzung von Abwärme, die in großen Industrieanlagen entsteht und beispielsweise für das Heizen von angrenzenden Bürogebäuden genutzt werden kann. Um solche komplexen Vorgänge zu entwickeln und koordinieren, muss jeder einzelne Schritt nachverfolgt werden können. Langfristig gesehen funktioniert dies nur, wenn Unternehmen auf Datenlösungen setzen, die beispielsweise den gesamten Lebenszyklus von Produkten digital erfassen.

Digitalisierung als Treiber für Nachhaltigkeit in der Fertigung

Hohe Produktqualität, schnelle Entwicklungszeiten, Agilität in der Herstellung – die Anforderungen, die heutzutage Unternehmen erfüllen müssen, um im globalen Wettbewerb bestehen zu können, sind hoch. Gleichzeitig gilt es, eine steigende Zahl an Sozial- oder Umweltaspekten zu beachten. Ohne die Vorzüge der Digitalisierung zu nutzen, wird es Unternehmen in den kommenden Jahren daher kaum gelingen, wirtschaftlichen wie ökologischen Erfolg zu vereinen. Eine Vielzahl digitaler Tools und Lösungen kann bereits heute dabei unterstützen, Ressourcen möglichst effizient einzusetzen, Ausschuss zu vermeiden und gleichzeitig Innovation mit Qualitätsarbeit zu verbinden. Neue Ideen werden der Schlüssel sein, um die Herausforderungen des Klimawandels zu bewältigen und auf eine saubere, CO2-arme Wirtschaft umzustellen. Als Motor der Wirtschaft wird es hierbei vor allem auf fertigende Unternehmen ankommen.

www.3ds.com

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