Piezomotoren in besonderer Umgebung

Kleiner Motor, große Bühne

 Die Bewegung im Piezomotor wird erzeugt, indem an ein piezoelektrisches Material eine äußere Spannung angelegt wird. Die Piezo-Legs, Beine aus Keramik, laufenschmiermittel- und abriebfrei
Die Bewegung im Piezomotor wird erzeugt, indem an ein piezoelektrisches Material eine äußere Spannung angelegt wird. Die Piezo-Legs, Beine aus Keramik, laufenschmiermittel- und abriebfreiBild: PiezoMotor Uppsala AB

Magnetismus an lebendigen Schaltungen dreidimensional sichtbar zu machen, war das Ziel der Forscher, die an das Dresdner Unternehmen Steinmeyer Mechatronik herantraten. Für ihr Experiment benötigten die Wissenschaftler extrem brillantes Röntgenlicht, wie es ein Synchrotron erzeugt. Für das Experiment sollte ein 5-Achsmanipulator eine elektronische Schaltung in das Magnetfeld eines supraleitenden Vektormagneten heben, um sie einer intensiven Lichtquelle auszusetzen. Ein bestimmtes, sehr kurzwelliges Spektrum der Röntgenstrahlung wurde dafür benötigt, weshalb das Experiment nur im Ultrahochvakuum bei 10E-8mbar funktionierte. Steinmeyer Mechatronik setzte auf Linearantriebe von PiezoMotor.

Präzises Positionieren unter extremen Bedingungen ist für herkömmliche Motoren eine schwierige Aufgabe – oft ist es sogar überhaupt nicht möglich. Aber es ist das perfekte Spielfeld für piezoelektrische Miniaturmotoren wie dem LT20. Herausfordernde Umgebungen und Anforderungen sind seine Bühne. Der PiezoLegs-Motor LT20 mit Abmessungen von 22x21x17,5mm ist ausgesprochen klein und mit nur 29g (inklusive 50mm Antriebsstange) besonders leicht. Der Linearmotor mit Direktantrieb besitzt eine Stillstandskraft von 20 Newton. Dass das kleine Kraftpaket aber nicht nur für Forschungszwecke nutzbar ist, zeigt sich in den vielen anderen Anwendungen des aktuell beliebtesten Motors der Schweden.

So kommt der LT20 jüngst etwa im Bereich der Ionenimplantationsanwendungen zum Einsatz. Die Ionenimplantation ist ein Verfahren zur Einbringung von Fremdatomen in ein Grundmaterial, wodurch sich Materialeigenschaften ändern lassen. Das Verfahren, das im Vakuum stattfindet, wird unter anderem in der Halbleitertechnik genutzt, durch die Piezomotoren wird der Aufbau und Prozess deutlich vereinfacht.

 Der LT20 kommt jüngst im Bereich der Ionenimplantationsanwendungen zum Einsatz - ein Verfahren, das unter anderem in der Halbleitertechnik genutzt wird.
Der LT20 kommt jüngst im Bereich der Ionenimplantationsanwendungen zum Einsatz – ein Verfahren, das unter anderem in der Halbleitertechnik genutzt wird.Bild: ©shuo/stock.adobe.com

Wo die traditionellen Motoren versagen

Ob Fokussier- und Scanaufgaben, Justage oder Messungen: PiezoMotor bietet mit seinen Miniaturmotoren spielfreie Präzisionsbewegungen, die von anderen Bewegungstechnologien in den meisten Fällen unerreicht sind. Für immer mehr Anwendungen und Produkte erfüllt die traditionelle Lösung über einen elektromagnetischen Antrieb nicht mehr die Anforderungen. Der Bedarf an kleinen, starken Motoren mit alternativen Konzepten und besonderen Fähigkeiten wächst also. Nicht nur in der Forschung, sondern auch in der Halbleiterindustrie und in der Entwicklung von hochinnovativer Medizintechnik sind die leistungsstarken und anspruchslosen Miniaturmotoren gefragt.

„Herkömmliche Elektromotoren bringen in vielen Anwendungen aufgrund ihrer Bauart und Funktionsweise nicht die erforderlichen Eigenschaften mit“, bestätigt Mats Bexell, Mitbegründer des schwedischen Unternehmens mit Sitz in Uppsala. „Unsere kleinen, starken Motoren indes sind präzise bis in den Nanometerbereich, zeichnen sich durch sofortige Reaktionszeit aus und sind absolut spielfrei.“ Piezomotoren kommen dort zum Einsatz, wo es um sehr hohe Auflösungen und Genauigkeiten geht, wenn außerdem sehr kleine Schritte gestellt werden müssen und trotzdem ein großer Verfahrweg benötigt wird. Sie verlangen weder Schmiermittel, noch verursachen sie Abrieb oder Ausdunstungen. Dadurch sind sie besonders gut für einen Einsatz im Vakuum geeignet.

 Der Piezo Legs LT20 ist sowohl für normale Umgebungen als auch in einer unmagnetischen Vakuumversion erhältlich.
Der Piezo Legs LT20 ist sowohl für normale Umgebungen als auch in einer unmagnetischen Vakuumversion erhältlich.Bild: PiezoMotor Uppsala AB

Spielfrei, hochpräzise und dynamisch

PiezoMotor setzt bei seinen Antrieben vornehmlich auf die PiezoLegs-Technologie. Dazu werden Stellglieder aus piezoelektrischem Keramikmaterial mit Strom beaufschlagt. Beim Anlegen einer elektrischen Spannung dehnen sich diese paarweise angeordneten Stellglieder aus oder verbiegen sich seitlich und beginnen dadurch, eine Antriebsstange linear zu bewegen. Ähnlich ist die Funktionsweise bei Rotationsbewegungen, wo sie eine Scheibe in Drehung versetzen.

Die Aktoren übernehmen dabei sowohl das Klemmen als auch den Antrieb. Der Vorteil: Durch die phasenversetzte Bewegung der Aktoren klemmt immer mindestens einer die Antriebsstange, sodass sie nie freiläuft. Kürzeste Schritt- und Vorschubbewegungen sind so möglich. „Die extrem kleinen Schritte erstaunen vor allem in Kombination mit langen Hüben“, führt Mats Bexell aus. „Das erlaubt Ingenieuren, mit einem PiezoLegs-Motor zwei Bewegungssysteme zu ersetzen, ohne dabei Leistungseinbußen zu befürchten.“

Die Bewegung der Beine ist gleichzeitig so schnell, dass sie mit tausenden Schritten pro Sekunde eine Geschwindigkeit von mehreren Zentimetern pro Sekunde erreichen können.. Bemerkenswert ist dabei die außergewöhnliche Geschwindigkeitsdynamik: Sie können mit extrem niedrigen Geschwindigkeiten bis zu 1 Nanometer pro Sekunde ebenso betrieben werden wie mit bis zu 20mm pro Sekunde.

Immer mehr Einsatzgebiete für Piezomotoren

Aufgrund neuer Technologien, deren Funktionsprinzip von der anspruchsvollen Umgebung abhängt, werden die Miniaturmotoren immer wichtiger: In der Optikindustrie, in der Herstellung mikroelektronischer Schaltungen, in der Luft- und Raumfahrt und selbst in der Automobilindustrie. Piezomotoren sind vakuumtauglich, selbsthemmend im Ruhezustand, verschleißarm und entwickeln keine Wärme. Sie wurden konzipiert für Anwendungen, bei denen Präzision, geringer Platzbedarf, niedriger Energieverbrauch und einfache mechanische Konstruktion wichtige Faktoren sind.

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