Besonders integrationsfähig

Die Messung des Drehmoments ermöglicht eine präzise Steuerung von Maschinen in vielen Prozessen. Neue Messmodule von Schaeffler bieten dem Maschinen- und Fahrzeugbau Freiheitsgrade hinsichtlich Position, Integration und Funktionsumfang. Sie beanspruchen nur wenig Bauraum, wie das jüngste Beispiel aus der Landtechnik beweist.
 Gut zu sehen: die vordere Ladewand, darüber die Oberwand mit zwei Hydraulikzylindern. Unter dem Wagen befindet sich der gezogene Pick-up mit einer speziellen Rotor-, Messer- und Abstreiferkonstruktion.
Gut zu sehen: die vordere Ladewand, darüber die Oberwand mit zwei Hydraulikzylindern. Unter dem Wagen befindet sich der gezogene Pick-up mit einer speziellen Rotor-, Messer- und Abstreiferkonstruktion. – Bild: Schuitemaker Machines B.V.

TorqueSense ist die Bezeichnung für Drehmomentsensorik-Lösungen des Automobil- und Industriezulieferers Schaeffler. Hierbei handelt sich jedoch nicht um eine Sensorbaureihe mit einem vorgegebenen Design, sondern vielmehr um Drehmomentmessmodule, die der konstruktiven Umgebung des Kunden weitestgehend angepasst werden können. Diese bestehen stets aus einem magnetisch konditionierten Wellenstück sowie einem Sensorgehäuse. Das eingesetzte Messprinzip erfüllt alle wichtigen Anforderungen für die Anwendung in industriellen und mobilen Antrieben:

  • Keine oder unwesentliche Änderung der Torsionssteifigkeit durch die Sensorik
  • Keine Beeinträchtigung der Überlastfähigkeit des Antriebsstranges
  • Geringer Einfluss der Temperatur auf Lebensdauer und Messgenauigkeit
  • Hohe Messgenauigkeit von zirka 1% des Messbereichs
  • Unproblematische oder nicht erforderliche Abdichtung
  • Keine Telemetrie erforderlich aufgrund des berührungslosen Messprinzips
  • Sehr hoher Integrationsgrad und freie Auswahl der Messstelle

Der Messbereich erstreckt sich durchmesserabhängig von 0Nm bis zu 4.000Nm. Kunden- und anwendungsspezifisch werden aktuell Wellendurchmesser bis zirka 45mm umgesetzt.

TorqueSense-Module werden seit vielen Jahren in Wankstabilisatoren von Pkw, in Pedelecs und in der Landtechnik u.a. bei Schuitemaker, einem niederländischen Hersteller von Landmaschinen zur Futtergewinnung, Fütterung und Düngung, erfolgreich eingesetzt. Für Landwirte und Lohnunternehmer bieten die Niederländer seit über 30 Jahren sogenannte Häcksel-Ladewagen an. Dies sind Mehrzweckwagen, die u.a. Gräser vom Boden aufnehmen, im Häckselwerk zerkleinern und im Wagen transportieren.

Mark Hoving, Manager R&D bei Schuitemaker, erinnert sich: „Uns war bei der ersten Präsentation der TorqueSense-Module schnell klar, dass dies eine Lösung für unseren Versuch sein könnte, um Lastkollektive zu ermitteln. Das System ist berührungslos, verschleißfrei, präzise und sehr kompakt. Das waren ideale Voraussetzungen. Wir rüsteten mehrere Versuchsmaschinen mit adaptierten Drehmomentmessmodulen von Schaeffler aus und ließen zur Datengewinnung die Maschinen im Feld unter härtesten Bedingungen laufen. TorqueSense hat sich dabei als sehr zuverlässig und robust erwiesen.“

 Ausgeklügelte Technik: Das Schnittgut wird der Rotorwalze (rot) zugeführt. Diese drückt das Schnittgut durch die hydraulisch gehaltenen Messer. Das so zerkleinerte Futter wird an Abstreifern vorbei zu dem abgesenkten Boden weitertransportiert und verdichtet sich durch das nachkommende Futter.
Ausgeklügelte Technik: Das Schnittgut wird der Rotorwalze (rot) zugeführt. Diese drückt das Schnittgut durch die hydraulisch gehaltenen Messer. Das so zerkleinerte Futter wird an Abstreifern vorbei zu dem abgesenkten Boden weitertransportiert und verdichtet sich durch das nachkommende Futter. – Bild: Schuitemaker Machines B.V.

Vom Versuchsfeld in die Serie

Die Geschäftsleitung von Schuitemaker entschied Anfang 2019, eine Ladeautomatik für die Häcksel-Ladewagen vom Type Rapide zu entwickeln und auf der Agritechnica noch im gleichen Jahr serienreif zu präsentieren. Die Ladeautomatik löst ein weit verbreitetes Problem: Ist das Erntegut schwer oder nass, steigt dieses nicht bis zur vorderen Oberwand an. Der dortige Sensor schaltet deshalb den Kratzboden nicht ein, das Futter staut sich, wird zerquetscht und verklumpt. Erfahrene Landmaschinenfahrer können vom Bedienpult aus den Kratzboden zwar manuell einschalten, allerdings erfordert dies permanente Aufmerksamkeit, ist auf Dauer sehr ermüdend und nicht praxisgerecht.

Die Branche belastet zudem ein Fachkräftemangel und unerfahrenes Personal ist schnell überfordert. Um den Kratzboden automatisch ein- und auszuschalten sind zwei Messgrößen erforderlich: die Kraft auf die Oberwand und das Antriebsdrehmoment der Rotorwalze im Schneidwerk, welches ein Maß für den Druck im Futter darstellt. Sobald eine der beiden Messgrößen den eingestellten Grenzwert erreicht hat, wird der Kratzboden eingeschaltet. Auf diese Weise wird ein gleichmäßiges und vollständiges Füllen des Wagens erreicht, ohne dass zusätzliche Aufmerksamkeit des Fahrers erforderlich ist und ohne das Futter zu zerquetschen oder die Schneidleistung nachteilig zu beeinflussen.

Als Drehmomentsensor sollte TorqueSense eingesetzt werden, schließlich verfügten die niederländischen Entwickler bereits über Erfahrung mit dieser Technologie. Mark Hoving erinnert sich: „In Zusammenarbeit mit den Schaeffler-Ingenieuren entschieden wir uns für eine Ausführung als kurze, in den Antriebsstrang der Rotorwalze integrierte Drehmomentmesswelle ohne zusätzliche Flanschbefestigung. Verzahnungen an den Wellenenden übertragen das Drehmoment. Das über zwei Kugellager gelagerte Sensorgehäuse muss nur gegen Verdrehen gesichert sein. Diese Bauweise ist sehr kompakt.“

Seine van der Velde, Sales Manager Agriculture bei Schuitemaker, über das Messmodul: „Von großem Vorteil für uns war es, dass wir nicht einen fertig designten Sensor kaufen und unsere Konstruktion mühsam anpassen mussten, sondern frei in der konstruktiven Gestaltung des Sensors waren. An unserem Antrieb waren deshalb nur minimale Änderungen erforderlich.“ Im März 2019 startete das Entwicklungsprojekt und schon im Juni 2019 lieferte Schaeffler die ersten Prototypen mit neuem Gehäuse- und Wellen-Design. Es folgten letzte Optimierungen an der Ladeautomatik und wie geplant konnten die Rapide-Ladewagen auf der Agritechnica 2019 präsentiert werden. Im März 2020 startete schließlich die Serienproduktion.

Seine van der Velde über die Marktresonanz: „Die Ladeautomatik ist eine Option der Rapide 1000er-Serie. Etwas mehr als die Hälfte unserer Kunden bestellen diese Option, zum Teil werden die Wagen sogar nachgerüstet. Wir sind sehr zufrieden.“

Zukunftsausblick beim Landmaschinenhersteller

Auch die nächste Generation der kleineren 100er-Rapide-Modelle soll mit TorqueSense ausrüstet werden. Seine van der Velde zur Motivation: „Mit Hilfe der Drehmomentdaten planen wir, zukünftig auch neue Service-Modelle anzubieten. Mittelfristig wird uns die größere Menge an Drehmomentdaten helfen, unsere Lastkollektive für die Auslegung noch weiter zu verfeinern und ein Reengineering des Antriebsstrangs durchzuführen, das wiederum unseren Kunden zugutekommen wird.“

www.schaeffler.de

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