Hohe Prozesssicherheit durch Advanced-Line-Motoren

Vielfalt für die Lebensmittelindustrie

Automatisierte Prozesse sind in der Lebensmittelindustrie Standard. Dabei kommt es nicht nur auf die Fertigungseffizienz an, auch die Hygiene spielt eine Schlüsselrolle. Wie sich beides in Einklang bringen lässt und wie ein Antrieb für diese Anforderungen ausgeführt sein muss, verrät Dagmar Dübbelde, Produktmanagerin bei Deprag Schulz, im Interview.
 Ein Druckluftmotor wird auch unter hygienischen Gründen sehr gerne in der Lebensmittelindustrie eingesetzt - beispielsweise in Grossbäckereien.
Ein Druckluftmotor wird auch unter hygienischen Gründen sehr gerne in der Lebensmittelindustrie eingesetzt – beispielsweise in Grossbäckereien. – Bild: Deprag Schulz GmbH u. Co.

Wie stellt Deprag bei den Antrieben die hohen Hygieneanforderungen sicher?

Dagmar Dübbelde: Wir empfehlen unseren Advanced-Line-Druckluftlamellenmotor, bei dem alle Außenteile aus hochwertigem Edelstahl gefertigt sind. Sie halten den üblichen Reinigungsmitteln stand. Die glatte Oberfläche der Druckluftmotoren ist leicht zu säubern. Die Antriebe sind mit langlebigen Radialwellendichtringen so gut abgedichtet, dass weder Leckageluft austritt noch Schmutz, Wasser oder Reinigungsmittel in den Motor eindringen können. Auch die üblicherweise eingesetzten Reinigungssprühsysteme verursachen kein Eindringen von Wasser in den Motor. Eine nasse Umgebung ist für diesen Druckluftmotor generell kein Problem – er könnte sogar unter Wasser arbeiten. Alle Edelstahlmotoren der Reihe sind mit lebensmittelkonformen USDA-H1-Fett geschmiert und können ölfrei betrieben werden. Für den ölfreien Betrieb ist bei der Auslegung der Antriebe eine Leistungsminderung von ca. 10 bis 20% bezogen auf die angegebenen technischen Daten im Produktkatalog zu berücksichtigen.

Gibt es weitere Merkmale, die ein Druckluftmotor für diese Anwendungen aufweisen muss?

Ja. In vielen Anwendungen kann sich Kondenswasser in den Zuluftleitungen bilden. Es ist also ratsam, entsprechende Maßnahmen zu treffen, sodass der Motor nicht die tiefste Stelle im System bildet und mit Wasser ausgespült wird. Wir empfehlen eine Sonderbeschichtung für alle Motorinnenteile, die aus Stahl gefertigt werden. Denn für hochbelastete, hochdrehende Innenteile kann nur bedingt Edelstahl verwendet werden. Diese CWL-Beschichtung sorgt für Unempfindlichkeit gegen Korrosion.

Wo werden die Motoren in der Lebensmittelindustrie eingesetzt?

Teig rühren, Teigbahnen fördern und schneiden, Bauchfleischspieße drehen, Wurstbrät rühren oder Wurstpelle abwickeln – die Anwendungen sind zahlreich. Beispiel Fruchtsaft: Unser Druckluftmotor mit einer Leistung von 300W treibt mit einer Drehzahl von 700U/min einen Propellerrührer eines Magnetrührwerks an. Aber auch für hohe Drehmomentanforderungen haben wir für Industrierührwerke die richtigen Antriebe: Unsere Advanced-Line-Hochmomentmotoren entwickeln enorme Power auf kleinstem Raum. Der 900W-Hochmomentmotor mit einer Nenndrehzahl von 22U/min überwindet ein Startmoment von 585Nm und hat dabei einen maximalen Durchmesser von 63mm. Eine weitere Anwendung findet sich in Mahlwerken und Fördersystemen in der Getreideverarbeitung. Hier liegt besonderer Augenmerk im Explosionsschutz bei der Bildung von Stäuben. Unsere Motoren sind für den Einsatz im explosionsgeschützen Bereich Atex-zertifiziert.

Welchen Vorteil hat hier ein Druckluftmotor gegenüber einem Elektromotor?

Ein Hauptvorteil ist die große Leistungsdichte: Je nach Ausführung hat ein Druckluftmotor nur ein Fünftel der Masse eines Elektromotors oder ein Drittel seiner Größe. Das ist vor allem bei der Verwendung in handgeführten Geräten entscheidend, aber natürlich auch in Robotersystemen, bei denen sich der Antrieb mit dem Roboterarm bewegt. Auch Hitze lässt den Druckluftmotor kalt. Druckluft ist gerade im kritischen Milieu ein unproblematischer Energieträger: es entstehen keinerlei Gefahren durch Elektrizität. Die abgegebene Leistung ist beim Druckluftmotor über weite Drehzahlbereiche nahezu konstant. Druckluftmotoren können deshalb auch in einem breiten Feld wechselnder Lasten optimal betrieben werden. Der Druckluftmotor kann problemlos bis zum Stillstand belastet werden, ohne Schaden zu nehmen. Nach Reduzierung der Last läuft er sofort wieder an und das beliebig oft hintereinander.

Druckluftmotoren gelten im Vergleich mit Elektromotoren oft als ineffizient. Können Sie das bestätigen?

Druckluft- und Elektromotoren lassen sich nicht Eins-zu-Eins vergleichen. Die Effizienz eines Antriebes hängt immer von den Einsatzbedingungen ab. Zum Beispiel: Ein Motor soll in einer Verpackungsmaschine eine Drehzahl von 450U/min erzielen. Zum Verschluss eines Packbandes steht über einen längeren Zeitraum ein Drehmoment von 25Nm mit reduzierter Drehzahl an. Elektromotoren können nicht über einen längeren Zeitraum überlastet werden. Deshalb muss ein Elektromotor für diese Verpackungsmaschine auf das Lastdrehmoment ausgelegt werden und würde eine Leistung von 1.170W benötigen. Anders ist das beim Druckluftmotor: Durch den günstigen Drehmomentverlauf reicht ein leistungsschwächerer Antrieb aus. Hier würde man einen Druckluftmotor mit einem Nenndrehmoment von 15Nm bei einer Nenndrehzahl von 275U/min auswählen. Da das Arbeitsdrehmoment unter dem Nenndrehmoment liegt, dreht der Motor unter geringer Last nahe der Leerlaufdrehzahl mit 450U/min. Die benötigte Leistung des Druckluftmotors beträgt damit nur 430W. Wenn beim Druckluftmotor für diese Verpackungsmaschine nur ein Drittel der Leistung eines Elektromotors installiert werden muss, erscheint die Energiebilanz des Druckluftmotors gleich in einem ganz anderen Licht.

Sind die Advanced-Line-Motoren eine Sonderlösung für die Anwendung in der Lebensmittelindustrie?

Die Advanced-Line-Motoren gehören zum Deprag-Katalogprogramm. Wir bieten sie in einem Leistungsbereich von 20W bis 1.6kW an, kombiniert mit einer Vielzahl integrierter Planetengetrieben aus eigener Fertigung mit Drehzahlen von 7 bis 24.000U/min. Sie finden damit für jede Leistungsanforderung eine Lösung. Wir können aber auch flexibel auf Kundenwünsche reagieren: 85% unserer gefertigten Antriebe sind kundenspezifisch, basierend auf Standardkomponenten.

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