Gastkommentar: Stabiler wirtschaften mit KI

Cleveres ERP macht Lieferketten resilienter

Bild: proALPHA Business Solutions GmbH

Nach dem Brexit und zwei Jahren Corona-Pandemie stellt der Krieg in der Ukraine die Wirtschaft vor neue Herausforderungen. Politische Entscheidungen treiben insbesondere in Deutschland die Kosten für Energie und andere Ressourcen in bislang unvorstellbare Höhen. Ein permanenter Rohstoffmangel macht Vorprodukte aus der Elektronik- und Stahlindustrie rar. Dies sorgt für angespannte Lieferketten weltweit – Produktionsengpässe und lange Lieferfristen sind die Folgen.

Da braucht es jede Menge Widerstandskraft, sogenannte Resilienz, vor allem in den Lieferketten der mittelständischen Fertigungsindustrie. Denn deren Funktionsfähigkeit ist schon seit geraumer Zeit in Gefahr, haben die genannten massiven Disruptionen doch die verzweigten globalen Supply Chains aus dem Gleichgewicht gebracht.

Es besteht Handlungsbedarf, wie auch eine Gartner-Umfrage vom Beginn der Covid-19-Krise darstellt. Darin gaben nur 21% der Befragten an, dass sie über ein sehr widerstandsfähiges Netzwerk verfügten. Resilienz wird von Gartner in der Hauptsache als Transparenz über die Vorgänge im Unternehmen definiert – plus die damit verbundene Agilität im Reaktionsvermögen. Beschaffungs-, Fertigungs- und Vertriebsaktivitäten könnten so schnell verlagert werden.

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KI sorgt für mehr Widerstandskraft

Zwei Jahre später ist die Einsicht so weit gediehen, dass McKinsey-Partner Knut Alicke von der Resilienz der Lieferkette als dem neuen Heiligen Gral der Unternehmens-IT spricht. Resilienz ist auch für ihn vor allem Transparenz, daher sollten Firmen in auf Geschäftsprozesse zugeschnittene Planung investieren. Dabei geht es vor allem um ausreichend Lagerbestand für kritische Teile und weniger Abhängigkeit von Lieferanten. Entscheidend ist, das Supply-Chain-Risikomanagement als mehrstufige Transparenz zu begreifen, da viele Unternehmen zwar Einblick in ihre direkten Lieferanten haben, aber nicht in die aus der vierten oder fünften Ebene.

Der Begriff der organisatorischen Resilienz ist aber kein neuer: Die Fähigkeit eines Unternehmens, sich dem Unvorhergesehenen erfolgreich zu stellen, war schon immer ein Kernelement für Erfolg. Da jedoch die Anzahl und Art der Bedrohungen für die Lieferkette heute umfangreicher und unvorhersehbarer sind als je zuvor, hat die Widerstandsfähigkeit im Supply-Chain-Management eine noch wichtigere Bedeutung erlangt.

Transparenz über alle Bereiche, vom Vertrieb über Konstruktion und Beschaffung bis zum Service, ist unabdingbar, reicht jedoch allein nicht aus, um Widerstandskraft zukunftsträchtig aufzubauen. Es ist vielmehr notwendig, ineffiziente Geschäftsprozesse zu identifizieren und im Kontext der gesamten Geschäftsprozesslogik intelligenter zu machen und geschickter agieren zu lassen, um tragfähigere Prognosen zu erzeugen. An dieser Stelle kommen im Zusammenspiel mit ERP innovative Technologien wie KI ins Spiel. Geeignete Prozesse und Anwendungsszenarien müssen dabei zunächst identifiziert werden – an dieser Stelle ist es für Anwender und Endkunden wichtig, sich auf die Expertise erfahrener Anbieter von ERP-Lösungen zu verlassen. Maßgeblich, gerade für mittelständische Unternehmen, ist eine schubladengerechte Inanspruchnahme unterschiedlicher Dienste, beispielsweise ERP mit KI sowohl in der Analytik als auch in den Prozessen, darunter semantische Wissensaufbereitung und digitale Assistenten. Dann können für spezifische Abläufe, Prozesse oder Funktionalitäten wertschöpfende KI-Anwendungen zum Einsatz kommen.

Datenqualität muss stimmen

Digitalisierung kann für reibungslose Abläufe entlang der Supply Chain sorgen. Dabei sind jedoch die Qualität sowie die Quantität der Stamm- und Bewegungsdaten entscheidend. Denn diese beeinflussen, wie effizient Prozesse, auch KI-gestützt, arbeiten. Um die Datenqualität hochzuhalten und die Nutzbarkeit für KI-Prozesse im ERP sicherzustellen, müssen Unternehmen erfolgsentscheidende Prozesse ausfindig machen, Qualitätskriterien definieren, vorhandene Datenpools prüfen, Dubletten beseitigen, eindeutige Daten erzeugen und Daten kontinuierlich pflegen und prüfen. Nur so ist es möglich, die Informationsqualität langfristig zu verbessern und einen sogenannten Single Point of Truth aufzubauen, innerhalb dessen jede Information nur einmal vorhanden und jederzeit abrufbar ist. Dafür müssen regelmäßige automatisierte Plausibilitätsprüfungen und Datenbereinigungen durchgeführt und feste Regeln für neu erfasste Daten aufgestellt werden.

Als digitaler und mit KI angereicherter Prozess- und Daten-Hub laufen im ERP-System demnach alle Informationen zusammen. Voraussetzung für einen gewinnbringenden Einsatz von KI ist, Produktionsdaten in Echtzeit zu erfassen, Abweichungen vom Plan ausfindig zu machen und als Ergebnis diese Daten visualisiert bereitzustellen. Hierbei sind Transparenz und Information wichtige Elemente, damit die eingesetzte Technologie im Zusammenspiel mit den Mitarbeitern im Unternehmen bestmöglich funktioniert. Wie sehr die Akzeptanz von KI und deren Transparenz sowie Erklärbarkeit abhängt, lässt sich gut am Beispiel der Predictive Maintenance zeigen: Schlägt ein KI-Dienst Alarm, müssen die Anwender nachvollziehen können, weshalb die Warnung ausgelöst wurde. Das lässt sich auch auf andere KI-Dienste übertragen.

Durch die Übernahme von Empolis bringt proAlpha diese Theorie in die Praxis und stellt den Mitarbeitern im Service das benötigte Wissen schnell und einfach kontextsensitiv zur Verfügung. Durch die Integration von KI erhalten Unternehmen rund um die Uhr Zugriff auf wichtige Serviceinformationen. Mit Hilfe von Decision Trees führt das System KI-gestützt, lernend, zu den geeigneten Lösungen. Sie können so Reparaturen und Wartungseinsätze schneller durchführen und bearbeiten.

KI-gestütztes ERP stützt Lieferketten

Wie aber sorgt nun KI konkret dafür, dass Lieferketten widerstandsfähiger werden? Transparenz macht vieles möglich – KI-gestützte Absatzprognosen und Störungsdetektion sind hier gern zitierte Szenarien. Unternehmen versuchen damit proaktiv auf unvorhergesehene Ereignisse zu reagieren. Solche Prognosen berechnen alle möglichen Variablen mit ein, um die Warenverfügbarkeit auch im Katastrophenfall aufrecht zu erhalten. Ziel dabei muss im Hinblick auf die zu erwartenden Kosten eine Bestandsoptimierung sein. Das Endergebnis ist eine Smart Value Chain. Fehllieferungen sollen parallel zur Anzahl der Transporte sowie Bestands- und Lagerkosten minimiert werden.

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