Nachhaltigkeit ist mehr als ein Trend. Aus industrieller Sicht sind Maßnahmen rund um die Reduzierung der CO2-Emissionen und das Einführen einer Kreislaufwirtschaft zwingend für einen umweltverträglichen und verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen. Die Digitalisierung bietet Potenziale, um ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit zu erreichen. Insbesondere in den frühen Phasen des Entwicklungsprozesses werden weitreichende Designentscheidungen getroffen.
Aus digital wird grün
Der digitale Zwilling ist eine davon. Er erfasst, verarbeitet und vernetzt als digitale Abbildung eines Produkts Informationen für verschiedene Anwendungen. Auf die Art vernetzt er Entwicklungs-, Produktions- und Betriebsdaten. Im it’s OWL-Innovationsprojekt Entwicklung und Transformation zur Nachhaltigkeit mit Digitalen Zwillingen (EcoTwin) gehen der Hersteller der industriellen Wäschereitechnik Kannegiesser, das Fraunhofer IEM und das Wuppertal Institut der Frage auf den Grund, wie ein digitaler Zwilling Unternehmen dabei helfen kann, nachhaltiger zu werden – und dadurch zum digitalen grünen Zwilling wird. Herausforderungen wie die Erfassung des CO2-Fußabdrucks eines Produkts, der optimierte Einsatz von Ressourcen oder das Managen und Analysieren von Daten über den gesamten Produktlebenszyklus können durch den Einsatz von digitalen Zwillingen bei Kannengiesser adressiert werden.
Projekt EcoTwin
Ziel des Projekts EcoTwin ist die ganzheitliche Planung, Konzeption, Entwicklung und Implementierung von grünen digitalen Zwillingen bei Kannegiesser. Dabei werden vor allem die verschiedenen Anwendungsbereiche entlang des Produktlebenszyklus und der damit verbundenen Unternehmensbereiche untersucht. Übergeordnet wird eine Systematik abgeleitet, die Unternehmen bei der individuellen Gestaltung eines Zielbilds unter Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsanforderungen unterstützt. Dabei untersucht das Fraunhofer IEM Anwendungsfälle in den unterschiedlichen Lebenszyklusphasen eines Produktes.
Rückführung der Betriebsdaten
Die Erfassung und Nutzung von Daten mechatronischer Systeme über den gesamten Produktlebenszyklus ist oft dürftig. Dabei bietet die Nutzung ausgewählter Daten durch den digitalen Zwilling einen Mehrwert. Der erste Anwendungsfall beschäftigt sich damit, wie Daten nutzbar gemacht werden können, um im Sinne der Kreislaufwirtschaft Ressourcen länger zu halten oder zukünftig effizientere Produkte zu entwickeln. So kann das Recycling von Materialien oder die Wiederverwendung von Anlagenkomponenten mithilfe des digitalen Zwillings verbessert werden.
Reduzierte CO2-Emmissionen
In Zusammenarbeit mit Kannegiesser wird außerdem untersucht, inwieweit ein digitaler Zwilling den CO2-Ausstoß während des Maschinenbetriebs minimieren kann. Dazu wird erörtert, wie die digitale Umgebung so gestaltet werden kann, dass CO2-Einsparpotenziale sichtbar werden. Entscheidend: die Qualität des Prozesses darf nicht beeinträchtigt, gleichzeitig müssen CO2-Einsparungen ermöglicht werden. Hier zeigt sich die Bedeutung einer ganzheitlichen Konzeption des digitalen Zwillings. Denn die Simulation verschiedener Prozesse ist nur möglich, wenn ein umfassender Zugriff auf die Daten des physischen Zwillings besteht.
Umfassende C02-Berechnung
Für Unternehmen ist das Dokumentieren und Offenlegen des „Carbon Footprint“ eines Produkts über den gesamten Produktlebenszyklus, hervorgerufen durch eine Vielzahl an Regularien, bspw. den EU-Green-Deal oder die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), eine zentrale Herausforderung. Im Projekt wird die Fragestellung verfolgt, ob der digitale Zwilling eine geeignete Technologie darstellt, mit der Unternehmen CO2-Emissionen entlang der gesamten Wertschöpfung erfassen und analysieren können. Dafür erarbeitet das Projektteam einen digitalen grünen Zwilling prototypisch für eine Waschstraße der industriellen Wäschereitechnik. ‚it’s OWL-Projekt EcoTwin‘
Im it’s OWL-Innovationsprojekte EcoTwin erarbeiten das Fraunhofer IEM, Herbert Kannegiesser und das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie einen Handlungsrahmen für die Gestaltung von digitalen grünen Zwillingen. Die Identifikation und gezielte Nutzung von Daten über den gesamten Produktlebenszyklus, die Erschließung neuer nachhaltiger (zirkulärer) Geschäftsmodelle, die prototypische Umsetzung von digitalen grünen Zwillingen und das Hervorheben von Nachhaltigkeitspotentialen sind zentrale Handlungsfelder. Gelingt es, einen grünen digitalen Zwilling zu konzipieren und zu implementieren, ist das ein Fortschritt für die Beantwortung aktueller Herausforderungen und Fragestellungen von Unternehmen.