So entwickeln Landmaschinenhersteller agil mit Scrum

Schneller zum Ziel

Schritt drei: Fokussierung und Priorisierung

Um allen beteiligten Entwicklern die Möglichkeit zu geben, sich auf die anstehenden Aufgaben zu fokussieren, musste das Projekt im Gesamtunternehmen klar priorisiert werden. In der Konsequenz heißt das, dass alle Team-Mitglieder mindestens 80 Prozent ihrer Ressourcen, also mindestens vier Tage pro Woche ausschließlich auf das Projekt verwenden. Um diese Fokussierung in der Praxis durchzusetzen, wurde eine räumliche Trennung vollzogen: Die Entwicklungsteams wurden in einem separaten Gebäude untergebracht.

Doch alleine damit war es nicht getan. Tatsächlich hatte die Priorisierung erhebliche Auswirkungen auch auf andere Unternehmensteile. Schon die 80 Prozent Regel führte dazu, dass andere Mitarbeiter alte Aufgaben der Teammitglieder übernehmen mussten. Diese Regelung sorgte bei Abteilungsverantwortlichen und Kollegen für nicht geringen Unmut. Gemeinsam mit dem Beratungspartner erarbeitete das Veränderungsteam ein Kommunikationskonzept, um auf allen Unternehmensebenen intensive Überzeugungsarbeit zu leisten und alle Stakeholder mit ins Boot zu holen.

Schritt vier: Das eigene Rollenverständnis neu definieren

Ein gewisses Maß an Überzeugungsarbeit war auch gegenüber der Geschäftsleitung geboten. Auch wenn sich deren Mitglieder bewusst für das agile Projekt entschieden hatten, fiel es in der Umsetzung nicht immer leicht, im Rahmen agiler Kultur die üblichen Kontrollimpulse und -routinen beiseite zu lassen, dem Team Vertrauen und Wertschätzung entgegen zu bringen und klares und konstruktives Feedback zu geben. Gerland: „Hilfreich war in diesem Zusammenhang die Vereinbarung, dass auch die Führungsetage ausschließlich in den regelmäßigen so genannten Sprint Reviews über den aktuellen Projektstatus informiert wurde und nur hier die Gelegenheit bekam, Rückmeldungen an das Team zu geben. Als ebenso entscheidend wie das Feedback an das Team erwies sich dabei das Feedback aus dem Team an die Führungsverantwortlichen.“ Schließlich übernimmt die Führungsebene in einer agilen Kultur vor allem die Rolle, Mitarbeiter zu befähigen, dass sie ihre Aufgaben lösen können. „Damit war das Aufgabensetting der Führungsriege des Unternehmens klar umrissen“, erläutert Gerland. „Diese lautet: Die Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter stärken, ihnen Hindernisse aus dem Weg räumen und für sie möglichst optimale Rahmenbedingungen schaffen.“

Agiler Erfolg ist gemeinsamer Erfolg

Im Ergebnis läuft das Projekt nun reibungsarm im realistischen Zeit- und Kostenrahmen. Überraschend ist dabei, dass der unrealistische, ursprüngliche Termin für die Präsentation des neu entwickelten Produkts nur um ein knappes halbes Jahr verschoben werden musste. Erfolgsgarant dafür ist die komplette Neustrukturierung des Projekts und der Kulturwandel im Führungskreis. Noch erfreulicher ist, dass sich aufgrund der gelungenen agilen Zusammenarbeit inzwischen alle Beteiligten, also Teammitglieder und Stakeholder, zu hundert Prozent mit dem Projekt und der neuen Produktentstehungsweise identifizieren können. Das Unternehmen plant, auch in Zukunft weitere Aufgaben agil zu bearbeiten. Insgesamt wird eine hybride Struktur angestrebt, in der einfache Aufgaben konventionell und komplexe Herausforderungen agil bearbeitet werden.

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