[me] im Gespräch mit …

Jürgen Siefert

von Schneider Electric

„Volle Integration voraus!“

Die Digitalisierung vereint die Steuerungen von Maschine und Roboter. Jürgen Siefert, Vice President Industry DACH bei Schneider Electric, erklärt, wie die Komplexität für den Kunden dadurch deutlich weniger spürbar wird und spricht über den Nutzen offener Schnittstellen, um Roboter tiefer in Maschinen und Anlagen integrieren zu können.

Industrie 4.0 braucht Kommunikation. 4.0.-Roboterkomponenten müssen sich optimal in vorhandene Automatisierungsarchitekturen einfügen. Wie stellt sich Schneider Electric solch eine enge Integration vor?

Jürgen Siefert: Ja, die Headline für eine engere Integration ist definitiv Industrie 4.0. In unseren Motion-basierten Maschinensteuerungen werden die Roboter in vollem Umfang integriert – je nach Kinematik auf verschiedenen Levels. Entscheidend für uns ist, dass mit der Evolution zu Industrie 4.0 die Komplexität für den Kunden spürbar sinkt. Selbst wenn alle Zusammenhänge deutlich komplexer werden, soll er sich in seiner Robotik-Anwendung besser und schneller zurechtfinden.

Wie entwickelt sich die Robotertechnik in Maschinen und Anlagen hinein?

Wir sehen einen ganz klaren Trend dahingehend, dass Robotik-Systeme mehr und mehr in die Maschinen und Anlagen integriert werden. Kürzlich habe ich beispielsweise einen Hersteller von Metallbiegemaschinen besucht, der seinen Robotereinsatz ausbaut. Für ihn lohnt es sich technisch und wirtschaftlich, den eigentlichen Prozess des Metallbiegens mit der Roboterautomatisierung zu kombinieren. Es bewegt sich also einiges am Markt. Eine tiefere Integration ist auch in der Verpackungstechnik ein wichtiges Thema: Robotertechnologie avanciert zum Kernbestandteil der originären Verpackungsmaschinen. Und hier kommt Schneider Electric ins Spiel: Auf Basis unseres Ansatzes können wir unseren Kunden helfen, die Komplexität zu reduzieren und zusätzliche Funktionalitäten besser zu koordinieren.

Um was geht es bei der Roboterintegration?

Es geht ganz konkret darum, den Roboter komplett in die Maschine zu integrieren. Beim Scara-Roboter haben wir das bereits gelöst, wobei der Servoantrieb in diesem Fall die Schnittstelle zum Roboter ist. Nur die Mechanik bleibt dabei als separater Teil bestehen, während alles andere einschließlich Motion Control und Reglereinheit vollständig in unsere Steuerungsarchitektur integriert wird.

Beim Scara klingt das einfach. Wie sieht das beim Knickarm-Roboter aus?

Natürlich sind wir offen für verschiedenste Roboterlösungen. Bei einem Knickarm-Roboter basiert die Integration auf standardisierten Schnittstellen. Einen Kuka-Roboter können wir über die mxAutomation-Schnittstelle anbinden, wobei die Komplexität für Kunden ebenfalls deutlich reduziert wird.

Wie erreichen Sie die Integration von Roboter- und Maschinensteuerung sowohl auf Hardware- als auch auf Softwareebene?

Wir haben all diese kinematischen Modelle, einschließlich Scara- und Knickarmroboter, in unserer Softwareplattform EcoStruxure Machine Expert abgebildet. Diese Kinematiken zu beherrschen ist die Voraussetzung, um den Roboter komplett in die Maschinensteuerung zu integrieren. Denn eine komplette Integration ermöglicht höchstmögliche Koordination und eine Synchronisierung des Roboters in Echtzeit. Und dies bringt dem Kunden natürlich auch den größten Nutzen.

Im Vergleich dazu können bei einer getrennten Maschinen- und Robotersteuerung unter anderem Komplikationen auftreten. Im schlimmsten Fall drohen dann sogar Produktionsstillstände und letztendlich viel kaputte Mechanik. Deswegen zahlt es sich aus, wenn wir, wie bei der SCARA-Lösung, die Integration des Roboters bis hin zum Motor vornehmen. Künftig gehen wir sogar noch einen Schritt weiter und bieten dem Kunden das komplette Paket, inklusive SCARA-Roboter und dazugehöriger Mechanik.

Solch eine Lösung erfordert enge Kooperation mit Roboterherstellern. Wie wird die gemeinsam erarbeitete Lösung für Kunden nutzbar, die Roboter anderer Herkunft einsetzen? Muss der Kunde dann ganz von vorne beginnen?

Diese Arbeit bleibt ihm erspart. Wir haben all diese Kinematiken bei uns abgebildet und können sie als Basis nutzen, um verschiedenste Roboterlösungen zu integrieren. Bezüglich der Interfaces haben wir unterschiedlichste Integrationstiefen. Beim Scara bieten wir die komplette Integration, in anderen Fällen, wie bei Kuka, steht uns eine Automationsschnittstelle zur Verfügung. Aber wir sind genauso offen was andere Hersteller betrifft, denn wir legen großen Wert auf die Offenheit der Schnittstellen.

Was tun Sie für die Offenheit der Schnittstellen?

Es wäre vermessen zu behaupten, dass wir alles abdecken, was unser Kunde für seine Maschine braucht. Deswegen sind offene Schnittstellen für uns ein Thema, das uns von vielen anderen Anbietern differenziert. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass offene Schnittstellen auf Herstellerseite in Kombination mit unseren standardisierten Motion-Control-Lösungen langfristig für immer höhere Integrationsgrade sorgen.

Was wäre, wenn Sie die Marktmacht hätten, ihre Schnittstelle zum Standard zu erklären?

Das ist definitiv nicht unsere Richtung. Es ergibt keinen Sinn, Offenheit voranzutreiben und gleichzeitig die eigene Schnittstelle zum Marktstandard zu entwickeln. Deswegen gibt es kontroverse Diskussionen über das System OPC UA, etwa zur Frage, ob OPC UA TSN der letzte Schritt zur offenen Schnittstelle ist, um synchrone Prozesse abzubilden. Schneider Electric ist Gründungsmitglied in der Foundation OPC UA, und wir vertreten nicht das Ziel, unser System als Basis für offene Standards durchzusetzen. Der VDMA unternimmt hier einiges, um mit den Maschinenbauern gemeinsam mehr Offenheit einzufordern.

Zurück zu den Kinematiken: Wie einfach ist die Integration? Ist Plug and Play möglich, wenn der Kunde entsprechende Software Libraries, passende standardisierte Motion-Control-Lösungen sowie die offenen Schnittstellen nutzt?

Dazu gibt es keine Schwarz-Weiß-Antwort. Im Falle einer Scara-Applikation bekommt der Kunde von uns bis hin zur Mechanik alles aus einer Hand. Er definiert seine Aufgabenstellung, legt fest, welche Taktzahlen er an der Maschine erreichen will, und wir bieten ihm dazu eine „Rundum-Sorglos-Lösung“.

Die Robotertechnik ist ein extrem weites Feld. Deshalb unterscheiden sich auch Anforderungen an die Integration. Sofern wir alles aus einer Hand liefern, ist einfaches Plug and Play kein Problem. In anderen Fällen ist entscheidend, was der Kunde damit in seiner Anwendung erreichen möchte. Dann lassen sich weitere Fragen beantworten, zum Beispiel, wie die mögliche Schnittstelle ausgewählt wird: entweder als Schnittstelle Mechanik oder als mxAutomation bzw., ob ein Sercos Interface vorteilhafter ist.

Dazu braucht der Kunde auch etwas Beratung, oder?

Richtig. Um solche Lösungen zu realisieren, muss auch das Dienstleistungsangebot stimmig sein. Deshalb betreuen wir den Kunden in der Verkaufsphase mit wesentlich mehr Applikationsexperten als mit Vertriebsmitarbeitern. Das ist Service pur, denn unsere Applikationsingenieure sind diejenigen Mitarbeiter, die den Kunden im Maschinenbau mit den passenden technischen Tools und ihrem Know-how unterstützen. Sie haben schon viele Jahre erfolgreich Lösungen umgesetzt und ihren Erfahrungsschatz dabei sukzessive erweitert. Bei aller Vielfalt der Anwendungen sehen wir allerdings auch, dass sich viele Applikationen wiederholen. Deshalb ist uns bei SCARA-Robotern der größte Integrationsschritt gelungen.

Noch ein Blick in die Praxis. Was ist in der Verpackungstechnik effektiver, den Roboter im Fertigungsprozess oder direkt im Anlagenkonzept zu integrieren?

Das ist beim Scara- oder Knickarm-Roboter etwas unterschiedlich und hängt zunächst von der Kundenanforderung ab. Klar ist es wichtig für den Erfolg, dass wir so gut wie möglich in den Prozess involviert sind. Idealerweise werden wir als Lösungsanbieter schon von der ersten Idee an in den Designprozess bzw. ins Anlagenkonzept mit eingebunden. Denn hier trennt sich dann die Spreu vom Weizen: Bin ich als Lieferant in der Lage, für meine Steuerungslösung Support zu liefern, oder kann ich mit dem Kunden sogar über die Funktionalität in seiner Anlage sprechen? Dann können wir ganz konkret sagen, wie und wo der Roboter am besten integriert wird. Lösungskompetenz dazu haben wir reichlich, nicht zuletzt durch die Integration des Verpackungsspezialisten Elau vor mehr als 10 Jahren. Wir haben über die Jahre hinweg einfach gelernt, wie komplexe Lösungen in der Verpackungstechnik funktionieren und wie wir die Aufgaben gemeinsam mit dem Kunden lösen können. Nur so können wir ihm auch ein passendes Rundum-Sorglos-Paket bieten.

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Die Fragen stellte Peter Schäfer 

www.schneider-electric.de

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