[me] im Gespräch mit …

Jochen Vetter

von Pilz

Kollege schraubt gleich

Der Kollege Roboter wirkt oft etwas gemächlich. Schließlich arbeitet er ja Hand in Hand mit dem Menschen. Aber ist da wirklich alles so sicher und rechtlich einwandfrei? Und wie sieht es eigentlich mit der Produktivität in der Mensch-Roboter-Kollaboration aus. Einige Fragen an Jochen Vetter. Er ist Manager Consulting Services bei der Pilz GmbH in Ostfildern.

MRK und Sicherheit. Klar, wenn Mensch und Roboter zusammenarbeiten, hat die Sicherheit erste Priorität. Bei allen Bekenntnissen zum Grundsätzlichen hängt auch viel von der Anwendung ab, oder?

Jochen Vetter: Unbedingt. Es gibt sehr, sehr viele unterschiedliche und kreative Ansätze, genauso viele, wie es unterschiedliche Applikationen gibt. Sicherheitsanforderungen für unterschiedlichste Industrien – Tunnelbohrmaschinenbau, Automobilisten, Lebensmittelindustrie. Für alle Bereiche des Maschinenbaus braucht man maßgeschneiderte Konzepte. Ein standardisiertes Sicherheitskonzept gibt es nicht. Es muss an die jeweilige Applikationssituation angepasst werden. Wenn es die Applikation aufgrund der Dynamik des Roboters, vielleicht aber auch wegen gefährlicher Werkstück- oder Greifergeometrien nicht zulässt, dann muss ein Roboter auch kurzfristig stillstehen.

Sicherheit ist abhängig von vielen Faktoren. Inwieweit können voneinander unabhängige Sicherheitsvorrichtungen die maximale Sicherheit am Arbeitsplatz gewährleisten?

Den einen sicheren Roboter oder die eine sichere Sensorik, die alle möglichen Fälle aus den Anwendungen hinsichtlich der Sicherheit abdeckt, gibt es zumindest bislang nicht. Erst in der Gesamtbetrachtung von Roboter, Werkzeug und Werkstück sowie dazugehörigen Maschinen wie etwa Fördertechnik entstehen sichere Roboterzellen.

Ist eine Aussage zur Sicherheit rechtlich und faktisch verbindlich? Wer haftet im Schadensfall?

Der Gesetzgeber verpflichtet, wie in anderen Bereichen auch, den Hersteller einer Roboterapplikation zur Durchführung eines Konformitäts-Bewertungsverfahrens mit CE-Kennzeichnung. Die Anbringung der CE-Kennzeichnung bestätigt, dass die Roboter-Applikation alle erforderlichen Sicherheits- und Gesundheitsschutz-Anforderungen erfüllt. Als Lösungsanbieter stellt Pilz entsprechende Dienstleistungen sowie Produkte und Systeme für sichere Roboterapplikationen bereit und unterstützt Anwender mit einem auf die einzelnen Lebensphasen eines Robotersystems abgestimmten Dienstleistungsportfolio: von der Prozessanalyse über die Risikobeurteilung bis hin zur CE-Kennzeichnung. Der Kunde bleibt Hersteller der Maschine, aber Pilz ist derjenige, der die Konformität zur Maschinenrichtlinie bestätigt und somit dafür verantwortlich ist, dass die getroffenen Aussagen richtig sind. Gemäß der Maschinenrichtlinie ist der Betreiber in der Haftung und verantwortet die Sicherheit seiner Arbeitsplätze.

Inwieweit vertrauen die Mitarbeiter auf die Sicherheitsvorrichtungen und -versprechen?

Häufig ist das Vertrauen so groß, dass die Gefahr unterschätzt wird. Fahrlässigkeit muss man aber bei der Sicherheitsbetrachtung mit einbeziehen. Einerseits muss die bestimmungsgemäße Verwendung betrachtet werden: Wann muss eine Person betriebsmäßig in die Applikation, und was genau tut sie dort? Anderseits, und hier wird es schwieriger, muss überlegt werden, was denn die vorhersehbare Fehlanwendung sein könnte. Hier ist es wichtig, alle denkbaren Szenarien in Gedanken durchzuspielen und dann die entsprechenden risikomindernden Schritte abzuleiten.

Kollaborierende Roboter trödeln im Vergleich zu solchen, die abgesichert hinter einem Gitter arbeiten. Wie wird ein sicherer MRK-Roboter in eine Produktionslinie am Band integriert? Gibt es dazu extra Bereiche, die sicher sind, in denen aber langsamer gearbeitet wird?

Bei MRK stoßen klassische, auf trennenden Schutzeinrichtungen basierende Sicherheitskonzepte an ihre Grenzen. Es ist eine deutlich abgestuftere Betrachtung von Ereignissen notwendig: Beispielsweise muss unterschieden werden, ob sich ein Mensch im potentiellen Aktionsraum einer Gefahr bringenden Bewegung aufhält oder bereits eine Zone mit erhöhter Sicherheitsanforderung betreten hat. Neue kamerabasierte Verfahren sind in der Lage, Schutzfelder und -räume mehrdimensional sicher zu überwachen. Wie zum Beispiel das sichere 3D-Kamerasystem SafetyEYE von Pilz. Solche Sensorsysteme eröffnen durch ihr 3D-Funktionsprinzip neue Möglichkeiten in der Applikationsgestaltung. Zudem lassen sich Schutzraum-Anordnungen bei jedem Prozessschritt erneut anpassen – statt starrem Abschalten kann das Gesamtsystem deutlich flexibler reagieren, unnötige Stillstandzeiten vermeiden und so die Produktivität der Anlage erhöhen.

Die Fragen stellte Peter Schäfer 

www.pilz.de

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